NWZ/Südwestpresse vom 25.06.2005
AUSSTELLUNG / Karl-Heinz Bogner und Jürgen Kottsieper bei der Galerie Kränzl
Architektur, die zur Skulptur wird
Räume definieren Grenzen. Der Architekt und Maler Karl-Heinz Bogner und der Grafiker Jürgen Kottsieper zeigen in der Göppinger Galerie Kränzl Räume -zwei- und dreidimensional.
Räume haben ambivalente
Eigenschaften. Den einen behüten sie, den anderen sperren sie ein. Sie bieten
Schutz und isolieren zugleich. Karl-Heinz Bogner aus Stuttgart, der Architektur
und Maleriei studiert hat, und der Grafiker Jürgen Kottsieper schaffen Räume. Der eine drei-, der andere
zweidimensional. Ein jeder auf seine Weise. Und doch ist ihnen etwas gemeinsam:
Sie engen nicht ein und sie grenzen nicht aus.
Auf den ersten Blick erscheinen
Bogners schwarze Raum-Gebilde wie Architekturmodelle im Kleinformat. Doch
Bogner hat anderes im Sinn. Seine Gebilde sind unbewohnbar. Geometrische Formen
aneinander gefügt und miteinander verbunden kombiniert er räumlichen
Objekten. Kreative Strukturen entstehen, die an allen Ecken und Enden
offen bleiben. Lichtdurchlässig und kontaktsuchend.
Räume, die weder Wohn- noch Lebensräume darstellen, sondern transparente
Frei-Räume schaffen. Im Grunde ein Widerspruch in sich. Aus Architektur wird
Raum-Skulptur. Eine Reihe filigraner, zerbrechlich wirkender Skulpturen hat
Bogner auf einer L-förmigen, tragenden und
freistehenden Basis geschaffen. Wie Module lassen sie sich aneinander reihen
und theoretisch unendlich weit in den Raum hinein gestalten. Jürgen Kottsieper konstruiert mit dem Bleistift. Mit erstaunlicher
Präzision und Sicherheit und mit der freien Hand bündelt und verdichtet er
Linien und Geraden zu Netzwerken. Die wiederum lassen ein Geflecht räumlicher
Formen entstehen: leicht und scheinbar im Raum schwebend. Wie ein Insekt im
Spinnennetz verfängt sich das Auge des Betrachters in Kottsiepers
Raumfallen. Doch wie Bogner lässt auch er keine geistige Klaustrophobie
aufkommen. Seine Raumzeichnungen sind nur scheinbare Labyrinthe und weisen den
Weg ins Freie. Bogners und Kottsiepers Arbeiten
korrespondieren miteinander. Immer wieder die Bezugnahme zur Architektur. Bei Kottsieper sind es Konstrukte, die an die Gerippe und
Gerüste erinnern: an die Stahlträger von Brücken und Türmen.
Die Ausstellung „Räume" in der
Göppinger Galerie Kränzl lässt sich am besten mental betreten. Sie lässt Platz
für individuelle Wahrnehmungen. Hat der Besucher diese „Räume"
durchschritten, fasst er wieder Fuß im realen Raum. Im hintersten Zimmer der
Galerie Kränzl -im Werkstattraum - sind
Raum-Fotografien der Berliner Künstlerin Ulrike Ludwig zu sehen. Leere,
unbewohnte Zimmer. Zwei verschiedene Fotografien hat
Ulrike Ludwig so raffiniert aneinander gefügt, dass beide zusammen betrachtet
ein Ganzes ergeben. Scheinbar - denn die Anordnung bleibt unmöglich.