B i l d e r   z u r   A u s s t e l l u n g
 
 
Für beide Künstler Vito Capone (links!) und Eberhard Freudenreich 
(rechts!) ist das Medium Papier Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Arbeiten.

VITO CAPONE greift in den Entstehungsprozess des Papiers ein, schöpft und formt. Er greift auch in die Struktur fertiger Papiere ein und gestaltet sie reliefartig in unendlichen Variationen, bestechend in ihrer sinnlichen Qualität.

Er stellt Bücher her, Bücher -von außerordentlich haptischer Qualität, Bücher, die man berühren möchte - die Geschichten erzählen, die zerfallen, einem Alterungsprozess, einem Prozess des Vergessens unterworfen sind. Bücher, die Geschichte erzählen, apulische Geschichte, die den Prozess der Erosion der Fakten, der Fiktionen darstellen. Ge-Schichte und Ge-Schichten, geschichtet, sich in Geschichtetes auflösend, in Gelbtönen vergilbend.
 
 

Auch Bilder enthalten diese wie zufällig aufgeschlagenen Bücher, Bilder, die an Gesehenes, in apulischen Domen Bewahrtes erinnern mögen, an den Engel der Verkündigung, der unscharf geworden ist in unserer Welt und dennoch Konturen annimmt, die bewahrt werden, ohne sich aufzudrängen. Verhalten sind diese Spuren, zu lesen, von dem, der zu lesen bereit ist, dem, der in Apulien war, wird dies leichter fallen. Die Zeichenhaftigkeit der Bücher, der Rhythmus, die Melodie der Sprache, der Buchstaben, der Linien stellt sich dar auf den ausgefransten unvollständigen Seiten, unvollständig wie Menschenleben sich darstellen, und doch ist das Bemühen im Hinblick auf das Buch schon Formung, ein Versuch der Bewältigung des Erratischen, Unvollständigen, Auseinander-Fallenden.

Sein Werk ist eine Feier dessen, was Papier vermag, eine Feier der mit der Schriftrolle, dem Buch beginnenden Kulturstufe, die wir die eigentlich geschichtliche nennen. Und das vermag ein Künstler aus Apulien, einem Land, in dem die Spuren einer langen Geschichte noch offen zu Tage treten.
 
 




EBERHARD FEUDENREICH schneidet abstrakte Formen aus dem Papier heraus. Er schafft eine 3.Dimension durch Positiv- und Negativformen und durch die Überlagerung und Schichtung seiner Papier-Schnitte.
 

Er schneidet mit der Schere ins Papier, schafft schemenhafte Formen, die zueinander in Beziehung treten. Indem er diese Paperschnitte schichtet, formt auch er Geschichten, andere Geschichten, fast möchte ich sagen abstraktere Geschichten. Geschehen gleitet ineinander, überlagert sich, stellt das Nacheinander in die Gleichzeitigkeit. Er schafft Ebenen des Ungesagten und verdichtet sie zu nicht ganz durchlässigen Schichten, die suggestiv wirken, andeuten, sich in Schemen und Schatten formulieren.
 
 

In seinen leporello-artigen Büchern, in diesen Schichtungen, die sich wie bei einer Harmonika annähern und und voneinander entfernen (könnten), werden die Ge-Schichten immer verwirrender, aufregender, erratischer. Es sind Geschichten, die nicht mit Worten nacherzählt werden können, sondern ganzheitlich, non-verbal erfasst werden müssen. Es sind nächtliche Träume, an die man sich kaum erinnert und die doch wahr sind, wahrer als das in Worte Gefasste, Geformte, denn sie entziehen sich eben dieser Festlegung, die immer auch eine Interpretation, eine Nach-, wenn nicht Neuschöpfung beinhalten.
Ingeborg Bauer
 
 

© Galerie Kraenzl