Südkurier vom 8.12.2005

 

Kleines Format, großer Auftritt

 

Ausstellung der Galerie Kränzl

 

von Brigitte Elsner-Heller

 

Sechs, acht Fotografien sind wie ein Fries in Augenhöhe aufgereiht, durch das vergleichsweise bescheidene Format (etwa 20x30) wurden sie nicht für den spektakulären Auftritt angedacht, und überdies sind sie nicht einmal das, was man von einem Abbild der Wirklichkeit erwarten dürfte. Nicht scharf durchgezeichnet, keine Farben, die das Auge klar zuordnen kann, dafür ein Schwimmen der Dinge - Menschen, urbane Landschaften - in einem Meer von Bernstein.

Die in Paris lebende Elisabeth Romer geht von konkreten Orten wie Pariser Parks und Plätzen aus, um dann mittels einer speziellen Grattage-Technik eine neue Sichtweise zu „erfinden". Die Grattage, eine selektive Abriebtechnik, hatte Max Ernst für seine surrealistischen Landschaften entwickelt, und Romer scheint sie in der Fotografie über den Einsatz von Lösungsmitteln zu erreichen. Dadurch erhält das Licht selbst seinen großen Auftritt, ohne dass dabei gleißende Härte entstünde. In ihrem Bernsteinnebel sind die Fotografien von einer romantischen Stille, die einer eingehenden Betrachtung der Szenen Vorschub leistet.

Überhaupt ist es diesmal das kleine Format, das unspektakulär Einzigartige, das Galeristin Trude Kränzl in Gaienhofen-Horn vor Augen führt. Dass sich hier gleich neun Künstlerinnen und Künstler ein Stelldichein geben können, liegt an der umsichtigen Auswahl der Arbeiten und deren Qualität. Quadratische Arbeiten von Julia Gutkina (Mannheim) in Öl auf Leinwand halten sich in Abstraktion und der gebrochenen Farbgebung eher bedeckt und werden von kleineren, in milder Geometrie angelegten Steinskulpturen von Rotraud Hofmann (Stuttgart) dezent begleitet.

Doris Knapps (Reutlingen) als Radierung angelegte Winterimpressionen schreiben die Stille weiter, an anderer Stelle wird sie in selber Technik mit Reihungen von Farbkreisen nochmals vorgestellt („Kein Tag wie der andere"). Parallel gebündelte Farbstrahlen durchdringen sich in den C-Prints von Jürgen Wittke (Köln), der damit in der Tradition der konkreten Malerei steht, auch wenn es sich um Fotografien farbiger Stangen im Raum handelt. Strenger noch diesem Konzept verhaftet Rolf Forster (Hemmishofen), der die Geometrie in Schwarz und Weiß entwickelt und sie nur durch eine weitere Farbe zurückhaltend akzentuiert.

Weniger streng, dafür spielerisch bis ironisch drei Künstlerinnen, die sich der oft belächelten Sparte „Kunstgewerbe" nähern, ohne dafür an Ausdruck einzubüßen. Angela M. Flaig (Rottweil-Hausen) entwirft geometrische Licht-Schatten-Spiele, indem sie Fruchtstände von Pflanzen in Objektkästen arrangiert. Mit Nadel und Faden begibt sich Dorothee Herrmann (Neu-Ulm) in einen weiblichen Erfahrungsbereich, näht recht hübsch Nadelkissen als Kussmünder oder zerlegt geradezu vorwitzig Geschirrtücher in deren diverse Karo-Strukturen und schafft damit dreidimensionale Objekte. Folkloristisch wirken die Arbeiten von Ruth Biller (Berlin, in Singen geboren), in denen Frauendarstellungen in Blumenornamente eingebunden werden, die an indische oder auch afrikanische Stoffmuster erinnern und ferne Träume -zerbrechliche? - herauf beschwören. Biller soll im nächsten Jahr eine Einzelausstellung gewidmet werden.