NWZ Südwestpresse vom 16.11.2005

 

Ausstellung / „Palette 2005“ bei der Galerie Kränzl in Göppingen

 

Junge Kunst, die Hitze flimmern und das Auge hören lässt

 

Mit junger Kunst beschäftigt sich die aktuelle Ausstellung in der Göppinger Galerie Kränzl, die fünf Künstlerinnen im Alter von 26 bis 30 Jahren präsentiert. Dabei beeindruckt die Reife in den gezeigten Arbeiten und der gekonnte Aufbau einer sehenswerten Bilderschau.

 

Hans Steinherr

 

GÖPPINGEN Das Paar ist nur von hinten zu sehen. Halb liegend und aneinander gelehnt greift die Frau dem Mann um die Hüfte, schmiegt ihren Kopf an seine Schulter. Der linke Arm des Mannes ruht auf der Schulter der Frau. Ein zwiespältiger Eindruck bestimmt die Szene. Im Gleichklang scheint das Paar zu sein, und doch wirkt die Atmosphäre zerrissen. Großformatig mit schwarzer Tusche gezeichnet domi-niert das Bild von Barbara Hlali die Wand. Hlali ist eine von fünf jungen Künstlerinnen, die in der Göppinger Galerie Kränzl ausstellen. Junge Frauen im Alter von 26 bis 30 Jahren von Kunstakademien aus Halle, Münster und Stuttgart.

Barbara Hlali fixiert sich auf Menschen im Alltag. „Strandleben" in Reihe. Da liegen Leiber träge in der Sonne. Mit treffenden Buntstiftstrichen gezeichnet flimmert Hitze auf weißem Papier. Treffsicher auch ihre Radierserie „Boxen". Jetzt hält sie die Kraft und Dynamik der Bewegung fest.

Claudia Berg zeichnet mit Leidenschaft und vorzugsweise Landschaft, emotional und rational zugleich. Auch ihr gelingt es aufspannende Weise, Konträres zu vereinen. Kalte, abweisende Naturlandschaften inspirieren so zum Verweilen. Jeder Zweig, jeder Grashalm - zerfurcht und zerzaust - wird vom unscheinbaren Strich zum tragen-den Element. In Öl oder in der Radierung - hinter der augenscheinlichen äußeren Schale verweist sie auf den inneren Kern.

Musik und Kunst hat Ute Ostermann studiert, und sie fügt beides zusammen. Abstrakt und akzentuierend in Farbe und Form. Farbige Flächen in Öl auf Leinwand bilden Rhythmen, schwungvoll gesetzte Linien die Tempi. Farbflächen werden zu Klangzonen. Klangbilder setzen sich aus Bildstrichen zusammen. Ihr wird gerecht, wer das Auge hören lässt und „Passacaglia" als variantenreichen Spaziergang begeht.

Ada Pint stammt aus Sizilien. Was sie malt, hat sie der Natur der Heimat entnommen und in Zyklen bearbeitet. Steine, Blätter, einzelne Gegenstände formt sie zu neuem Ausdruck. Ausgangspunkt ist bei ihr immer wieder die Zeichnung. Losgelöst vom Ursprünglichen mutiert Schweres zu Leichtem und umgekehrt. Ada Pint arbeitet in Wachs.

Kriterien aus der Malerei bringt Eva Schmeckenbecher in ihren fotografischen Arbeiten ein. Fotografien zerlegt sie in einzelne Motive und Bestandteile und setzt diese zu neuen persönlichen Ansichten zusammen - Spiegelungen auf dem Gesicht und verhüllende Vorhänge.

Fünf mal Junge Kunst, von der man gerne mehr sehen möchte. Trude Kränzl hat es wieder meisterlich verstanden, junge talentierte Künstler gelungen zu präsentieren.