AUSSTELLUNG / Galerie Kränzl in Göppingen
Papierne Sonnensegel und pralle Weiber
"Papier und Bronze": Helga Schröder und Anne Baisch
zeigen Plastiken, Bilder und Objekte
Die eine fertigt ätherische, schwebende Papiergebilde, die andere stellt mit irdischen Materialien wie Ton und Bronze sinnliche Frauenfiguren her: Helga Schröder und Anne Baisch. Bei allen Gegensätzen beschäftigen sich beide mit menschlicher Vor- und Frühgeschichte.
MARLIES BIRKLE-HOß
Texte von Christa Wolf und Erich Fried haben Helga Schröder zur
malerischen Produktion von Büchern und Alben angeregt. Neben
der Literatur sind für die Bremerin Zeichen und Schriften alter Kulturen
eine Quelle der Inspiration. So sind in ihren Arbeiten ebenso Bestandteile
der islamischen Schriftkunst wie Labyrinthstrukturen prähistorischer
mediteraner Inselkulturen zu finden. Mit ähnlicher Bedeutung
belegt die Künstlerin ihr Material. Auf Papier steht nicht nur
die Geschichte der Menschheit und ihrer Kultur, Papier selbst steht für
diese Geschichte. Und was für Papier! Pergament, Papyrus, Pflanzenpapier
mit eingearbeiteten Samen, chinesisches, japanisches, handgeschöpftes
Papier, von der Künstlerin zum Teil selbst im Collageverfahi-en hergestellt
und eingefärbt. Der Hang zum Plastischen ist hier naheliegend.
Denn nur im Räumlichen kann solches Papier seine Qualitäten voll
entfalten. Beim Sonnensegel-Objekt zeigt sich besonders die Transparenz,
die "Tage in Weiss", eine Homage an Ingeborg Bachmann, können vom
geringsten Luftzug bewegt werden. Sind die Gedichte der Schriftstellerin
auf den ersten Fahnen noch lesbar, so löst sich auf den weiteren die
Schrift immer mehr auf.
In reizvoller Spannung dazu stehen, sitzen, liegen und laufen Anne
Baischs pralle Frauenfiguren. Kaum zwanzig Zentimeter hoch, verkörpern
sie zunächst einmal nichts als Vergnügen. "Zwischenlandung"
hat die ebenfalls in Bremen lebende Künstlerin ihre 28 Figurinen genannt.
Baischs Weibervölkchen war eine Auftragsarbeit zum Thema Sexualität.
Beim Frauenseminiar war die Urmutter gefragt. Die Künstlerin,
die ansonsten mit strengen Materialien wie Stahl und Aluminiumblech reduzierte
Formen fertigt, ließ sich auf Neues ein. Patin stand ihr dabei
die Venus von Willendorf, bei der Brüste und Gesäß überbetont
sind. Zunächst getont, wurden die dicken Frauen später
in Bronze gegossen. Im Reduzierten verstärkt sich die Sinnlichkeit
der Figur und ihrer ausgreifenden Gestik, sogar die Engelsflügel erschienen
recht irdisch, wenn nicht gar ironisch.