NWZ/Südwestpresse vom 4.7.2002

AUSSTELLUNG / Zum fünften Geburtstag der Göppinger Galerie Kränzl, Davidstraße 12

Aufregende Läufer und fliehende Zeiten

Fünf Künstler beziehen druckgrafische Positionen in Holzschnitt, Radierung und Siebdruck

Mit einer Jubiläumsausstellung feiert die Galerie Kränzl in Göppingen ihren fünften Geburtstag. Trude Kränzl zeigt Druckgrafik von Johannes Birkhölzer, Margret Holz, Doris Knapp, A.V. Mann und David Schnell. Die Unterschiede sind groß, die Ansätze verschieden und doch ergänzen sich die Arbeiten.

Marlies Birkle-Hoss

„Fünf druckgrafische Positionen in Holzschnitt, Radierung und Siebdruck“ in einer kleinen Galerie so unterzubringen, daß alles passt, ohne überladen zu wirken, ist nicht ganz einfach. Trude Kränzl hat es wieder einmal geschafft. Und so hatte Kulturamtsleiter Wolfram Hosch bei der Eröffnung auch ein Sonderlob für den „ausgesprochen angenehmen Eindruck“, den die Galerie „vor allem wegen der Atmosphäre“ mache, übrig.Das Konzept scheint tatsächlich zu stimmen: Bei den Vernissagen ist die kleine Galerie stets rappelvoll. Galeristin Trude Kränzl setzt in der Gegenwartskunst auf Bewährtes, indem sie Haptisches, auch handwerklich gut Gemachtes den allerneuesten Trends vorzieht. Sie stellt zudem Kunstschaffende aus der Region vor und riskiert mit jungen Künstlern auch Neues. Außerdem beweisen die jeweils ausgestellten Arbeiten durchweg Qualität, ohne gefällig sein zu wollen.

Jertzt sind es also gleich fünf Künstler, die in der Galerie, die früher eine Schreinerei war, ganz unterschiedliche Druckgrafik zeigen. Dabei präsentiert der jüngste Künstler David Schnell aus Leipzig die vielleicht aufregendste Arbeit. In seiner „Läufer“-Serie, bestehend aus vier Siebdrucken, überzeichnet er die Perspektive und stellt in grellen Farben Natur und Künstlichkeit einander gegenüber. Viel Erfahrung beweisen die Kaltnadelarbeiten von Johannes Birkhölzer aus Wuppertal, der zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit pendelt. Seine meisterlichen Aquatinta-Drucke ziehen den Beschauer in kleinteilige, öft höchst bizarr anmutende Landschaften hinein. Doris Knapp aus Reutlingen ergänzt mit zurückhaltenden Radierungen die anderen zwei Künstler im Hauptraum der Galerie. Die Serie „Tempus fugit“ – die Zeit flieht – erinnert mit ihren schwebenden Kreisformen an Meditationsbilder.

Nicht nur einen spannenden Ansatz, sondern auch ebensolche Ergebnisse gibt es bei der Künstlerin Margret Holz aus Berlin. Sie sammelt Holz, Fundstücke wie Platten und sogar Betten um sie anschließend mit Säge, Stechbeutel und Bohrer weiter zu bearbeiten. Mit dem großformatigen „Grundriß“ bezieht sich Margret Holz auf den Berliner Spreebogen. Das Metier von A.V. Mann ist der Holzschnitt, ihr Markenzeichen sind die erdigen Farben und die archaischen Figuren, die trotz ihrer Erdverbundenheit leicht wirken. Die breiten Leinwandbilder lassen an Wandfriese denken, die Holzstelen an Totempfähle. Auch hier stimmt die Platzierung. Die Arbeiten Andrea Manns wie auch die von Margret Holz sind jeweils so „eigen“, dass sie einen eigenen Raum brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten. Und den haben sie bei Kränzl bekommen.